Es kann ganz schnell gehen: Einmal nicht ganz aufmerksam im Straßenverkehr, vielleicht am Zebrastreifen nicht aufgepasst und schon hat man einen anderen Verkehrsteilnehmer verletzt. Ein Strafverfahren wird eingeleitet. Ein Strafbefehl oder ein Urteil folgt, in dem man wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt wird.
Und schon stellt man sich die Frage: Bin ich jetzt eigentlich vorbestraft?
Jede Strafe, egal ob Geld- oder Haftstrafe, wird im Bundeszentralregister eingetragen.
Normalerweise erfährt niemand etwas davon. Es sei denn, man muss irgendwo ein Führungszeugnis vorlegen. Klassische Situation: Man bewirbt sich. Es gibt etliche Berufe, in denen die zukünftigen Arbeitgeber vom Bewerber ein polizeiliches Führungszeugnis verlangen.
Wer sich etwa als Buchhalter bewirbt, sollte keinesfalls wegen Betrugs oder Urkundenfälschung vorbestraft sein. Eine Erzieherin wird es schwer haben, mit Vorstrafen wegen Körperverletzung oder Nötigung eine Stelle zu finden. Und im Krankenhaus wird kaum jemand eingestellt, der schon einmal wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetzes aufgefallen ist.
Wer in den Staatsdienst aufgenommen werden will oder eine Gaststättenerlaubnis braucht, muss ebenfalls ein Führungszeugnis vorlegen, das sogenannte Behördenführungszeugnis.
Jährlich werden 9,6 Mio. Auskünfte durch das Bundeszentralregister erteilt.
Im Führungszeugnis stehen
alle Geldstrafen, die höher sind als 90 Tagessätze. Ein Tagessatz ist immer so hoch wie das Gehalt, das man an einem Tag verdient.
alle Freiheitsstrafen über drei Monaten, auch auf Bewährung
Jugendstrafen, die höher sind als zwei Jahre Freiheitsstrafe
Wer also 90 Tagessätze und weniger kassiert hat, dessen Strafe taucht im polizeilichen Führungszeugnis gar nicht auf. Wer etwa nach einer Unachtsamkeit im Straßenverkehr wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt wurde, bekommt fast nie eine Geldstrafe über 90 Tagessätze. Die Strafe erscheint nicht im Führungszeugnis.
Kleiner Exkurs: das System der "Tagessätze" soll dazu dienen, dass jeder nach seinem Einkommen bestraft wird. Es werden also vor Gericht nie Beträge ausgesprochen, man bekommt immer Tagessätze zu dem Betrag, der dem eigenen Einkommen pro Tag entspricht. Angenommen, die Straftat ist dem Gericht 60 Tagessätze wert. Für den einfachen Arbeiter ist der Tagessatz vielleicht 50 Euro, er müsste 3000 Euro zahlen. Für den Topmanager liegt der Tagessatz vielleicht bei 5000 Euro, er müsste 300.000 Euro zahlen.
Wichtig: Natürlich ist man auch bei einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen im klassischen Wortsinne vorbestraft, weil man eben eine Strafe kassiert hat. Es hat sich jedoch eingebürgert, dass man von "vorbestraft" nur dann spricht, wenn etwas im Führungszeugnis steht, wenn die Strafe also nach außen sichtbar wird.
Vorsicht bei der zweiten Verurteilung
Die Grenze von 90 Tagessätzen bzw. drei Monaten Freiheitsstrafen gilt allerdings nur für Ersttäter. Jemand der zum zweiten Mal straffällig wird, kann sich darauf nicht mehr berufen. Eine geringfügige Strafe wird ins Führungszeugnis aufgenommen, wenn man zum zweiten Mal verurteilt wird. Dann werden beide Strafen, auch wenn sie beide unter 90 Tagessätzen liegen, ins polizeiliche Führungszeugnis eingetragen. Das ist besonders ärgerlich.
Das Behördenführungszeugnis
Ähnlich ist es mit dem "Behördenführungszeugnis", das man für Bewerbungen beim Staat oder für eine staatliche Genehmigung wie z. B. eine Gaststättenerlaubnis braucht. Zusätzlich zu den Angaben im "normalen" Führungszeugnis stehen darin allerdings auch
Entscheidungen von Verwaltungsbehörden, wie etwa der Widerruf eines Waffenscheins oder einer Gewerbeerlaubnis
Entscheidungen über eine mögliche Schuldunfähigkeit oder die Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt
Unter engen Voraussetzungen können auch Verurteilungen zu 90 Tagessätzen oder drei Monaten Freiheitsstrafe und darunter eingetragen werden, sofern die Tat in Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder einer wirtschaftlichen Unternehmung begangen wurde.
Wo kann man ein Führungszeugnis beantragen?
Ein Führungszeugnis kann man ganz einfach im Bürgeramt seiner Stadt oder Gemeinde beantragen. Einfach den Personalausweis und 13 Euro mitbringen. Wichtig: Bei Antragstellung angeben, ob man ein polizeiliches oder ein behördliches Führungszeugnis braucht. Die Zeugnisse müssen persönlich beantragt werden, einen Vertreter darf man nicht schicken.
Das Führungszeugnis kommt nach drei bis zehn Tagen direkt mit der Post zum Antragsteller nach Hause. Es ist jetzt drei Monate lang gültig. Braucht man ein Führungszeugnis noch einmal nach Ablauf der drei Monate, muss man ein neues beantragen.
Das Behördenführungszeugnis dagegen wird direkt an die betreffende Behörde gesandt. Ist allerdings im Behördenzeugnis ein Eintrag vorhanden, dann wird es zunächst zum Amtsgericht gesendet, wo es der Antragsteller einsehen kann. Dann erst wird es zur Behörde weitergeleitet.
Wann werden die Einträge wieder gelöscht?
Einträge im Führungszeugnis werden nach Ablauf einer bestimmten Frist wieder gelöscht.
Nach drei Jahren: Geldstrafen unter 90 Tagessätzen und Freiheitsstrafen von nicht mehr als drei Monaten (die bei Mehrfachtätern ja drinstehen, siehe oben) sowie die meisten Jugendstrafen
Nach frühestens fünf Jahren: Geldstrafen über 90 Tagessätze und Freiheitsstrafen über drei Monaten
Nach frühestens zehn Jahren: Verurteilungen wegen Sexualstraftaten
Diese Fristen beginnen erst nach Ablauf der jeweiligen Strafen.
Autorinnen: Sigrid Born und Nicole Würth ARD