Der Koalitionsvertrag sieht zahlreiche Steueränderungen vor. Zwar ist noch nicht klar, wie die Neuregelungen konkret aussehen sollen. Aber an welchen Stellen angesetzt wird und in welche Richtung es gehen soll, das steht oft schon sehr konkret fest.
Steuertarif
Die kalte Progression wird bereits zum 1.1.2010 beseitigt. Was ist die kalte Progression? Aufgrund des progressiven Steuertarifs kann die Steuerbelastung z.B. bei einer dreiprozentigen Gehaltserhöhung um mehr als vier Prozent steigen. Liegt das resultierende Netto-Plus unterhalb der Inflationsrate, ist der Reallohn trotz Gehaltserhöhung gesunken. Um dies zu verhindern, müssten jedes Jahr der Grundfreibetrag und die Eckwerte des Steuertarifs um die Inflationsrate angehoben werden.
Wer profitiert? Alle Steuerzahler
Der progressive Steuertarif wird mittelfristig abgeschafft. Ihn ersetzt ein Stufentarif, wie er für die Erbschaftsteuer bereits seit langem gilt. Wer profitiert? Das hängt ab von der Höhe des neuen Tarifs bzw. der Stufen-Steuersätze. Steuerzahler mit einem Einkommen zwischen 30.000 und 100.000 Euro hat der progressive Steuertarif bisher besonders getroffen ("Mittelstandsbauch"). Familien und Lebenspartner
Der Kinderfreibetrag wird in einem ersten Schritt zum 1.1.2010 auf 7008 Euro und das Kindergeld um je 20 Euro erhöht. Wer profitiert? Alle Eltern - aber besonders Besserverdienende, bei denen die Kinderfreibeträge zum Ansatz kommen.
Für den Steuerabzug von Aufwendungen für Kinder und Haushalt soll ein schlüssiges und verständliches Konzept erarbeitet werden. Hier geht es wohl um Änderungen beim Abzug der Kinderbetreuungskosten und der Kosten für Handwerker und Hilfen im Haushalt – beide Regelungen sind bisher sehr komplex und überschneiden sich im Bereich der Kinderbetreuung.
Wer profitiert? Noch nicht abzusehen. Betroffen sind alle Steuerzahler
Lebenspartner sollen im Steuerrecht nicht mehr gleichheitswidrig benachteiligt werden und Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung mit Ehepartnern sollen umgesetzt werden. Diese Formulierung klingt zwar für Lebenspartner positiv, sie dürfte aber tatsächlich nichts anderes bedeuten, als dass die neue Regierung keine Verbesserungen für Lebenspartner anstrebt, außer den vom Verfassungsgericht diktierten. So könnte Karlsruhe zum Beispiel in einer zurzeit anhängigen Beschwerde entscheiden, dass der Splittingtarif auch für Lebenspartner anzuwenden ist.
Ausfüllen der Steuererklärung und Umgang mit dem Finanzamt
Steuererklärungsvordrucke und Erläuterungen sollen verständlicher ausgestaltet werden.
Wer profitiert? Alle Steuerzahler
Alle Bürger sollen die Möglichkeiten haben, ohne Papierbelege mit den Finanzämtern zu kommunizieren. Bisher müssen auch bei Nutzung der elektronischen Steuererklärung bestimmte Belege in Papierform eingereicht werden, zum Beispiel über Spenden.
Wer profitiert? Alle Steuerzahler
Noch in dieser Legislaturperiode soll die Finanzverwaltung allen Bürgern auf Wunsch eine vorausgefüllte Steuererklärung zur Verfügung stellen.
Diesen Plan verfolgte bereits die Vorgängerregierung.
Wer profitiert? Nur aufmerksame Steuerzahler. Denn der Fiskus trägt natürlich nicht alle Steuer-Spar-Möglichkeiten ein. Wer die vorausgefüllten Vordrucke einfach nur unterschreibt, ist zwar schnell fertig, verschenkt aber bares Geld.
Arbeitnehmer sollen die Steuerklärung auch für einen Zeitraum von zwei Jahren abgeben können.
Eine verbindliche Auskunft soll nur noch in wesentlichen und aufwändigen Fällen Gebühren kosten. Bei einer verbindlichen Auskunft fordert ein Unternehmen oder ein Steuerzahler vom Finanzamt die Beurteilung eines Sachverhalts, zum Beispiel eines Bauprojekts, bereits in der Planungsphase. Wird der Sachverhalt wie beschrieben in die Tat umgesetzt, ist das Finanzamt später an seine Beurteilung gebunden. Bis einschließlich 2006 war diese Auskunft kostenfrei. Seit 2007 erhebt der Fiskus Gebühren. Eine verbindliche Auskunft wird in der Regel nur bei komplexen Sachverhalten eingeholt – und eben dann sollen weiterhin Gebühren fällig werden. Rentner
Die Besteuerung der Rentnerinnen und Rentner soll vereinfacht werden. Wer nur eine Rente bezieht, soll keine Steuererklärung abgeben müssen. Kontrollmitteilungen über die Höhe einzelner Renten, wie sie zurzeit die Träger der Rentenversicherung an den Fiskus verschicken, sollen nicht mehr notwendig sein.
Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen
Der Steuerabzug für private Steuerberatungskosten wird wieder eingeführt.
Wer profitiert? Alle Steuerzahler
Die steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge soll flexibler und weniger bürokratisch erfolgen. Bisher wird die Riester-Rente grundsätzlich über einen staatlichen Zuschuss gefördert. Alternativ zieht das Finanzamt die Beiträge als Sonderausgaben ab, wenn dies im Einzelfall günstiger ist.
Wer profitiert? Noch nicht absehbar
Der Abzug von außergewöhnlichen Belastungen soll einfacher werden, unter anderem durch stärkere Pauschalierung und Typisierung. So soll zum Beispiel der Einzelnachweis von Kosten eines Pflegeheims überflüssig werden.
Wer profitiert? Alle Steuerzahler mit Kosten im Bereich der außergewöhnlichen Belastungen über der zumutbaren Belastung. Arbeitnehmer
Die Besteuerung von Jahreswagenrabatten für Mitarbeiter soll zügig realitätsgerecht gestaltet werden.
Wer profitiert? Arbeitnehmer in der Automobilindustrie.
Die Besteuerung der Privatnutzung von Firmenwagen soll geprüft werden. Durch die Ein-Prozent-Regelung, die den Listenpreis des Firmenwagens zugrunde legt, wird der Wert der Privatnutzung bisher teilweise sehr hoch angesetzt. So kann zum Beispiel einen Arbeitnehmer die fällige Lohnsteuer teurer zu stehen kommen als der Unterhalt für einen eigenen, kleineren Privat-Pkw.
Wer profitiert? Angestellte und Unternehmer, die einen Firmenwagen bzw. Betriebs-Pkw für Privatfahrten nutzen.
Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten wird neu geordnet. Im Moment sind Ausbildungskosten je nach Vorbildung des Steuerzahlers entweder als Werbungskosten/Betriebsausgaben oder als Sonderausgaben mit unterschiedlichen Höchstbeträgen und unterschiedlicher steuerlicher Auswirkung abzugsfähig.
Wer profitiert? Abhängig von der konkreten Neuregelung. Grundsätzlich alle Berufsanfänger. Steuergesetzgebung und Rechtsauslegung
Grundsätzlich rückwirkende gesetzgeberische Maßnahmen will die neue Regierung vermeiden. Die Große Koalition hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, unliebsame Gerichtsurteile durch rückwirkende Gesetzesänderungen zu kippen. Das Bundesfinanzministerium soll deutlich weniger Nichtanwendungserlasse veröffentlichen. Mit diesen Schreiben werden die Finanzämter angewiesen, bestimmte Gerichtsurteile nicht anzuwenden – in der Regel, weil sie für den Fiskus zu teuer sind. Kapitaleinkünfte
Das Kontenabrufverfahren soll überprüft werden. Hier geht es der FDP wohl um den Datenschutz.